Niederländisches/ holländisches Recht

Zur niederländischen Regierung gehört neben den Ministern auch der amtierende König bzw. die amtierende Königin. Damit nehmen die Niederlande eine Sonderstellung unter den westeuropäischen Monarchien ein, in denen der Monarch bzw. die Monarchin in der Regel nicht der Regierung angehört.

Seit der grundlegenden Verfassungsreform von 1848 sind die Niederlande eine konstitutionelle Monarchie mit parlamentarischem System.

Gemäß Artikel 94 der holländischen Verfassung genießen bestimmte Vorschriften des Völkerrechts Vorrang: Gesetzliche Bestimmungen, die mit diesen völkerrechtlichen Vorschriften nicht vereinbar sind, sind nicht anwendbar. Das Europäische Recht hat Vorrang vor nationalem Recht. Danach folgen in der Hierarchie der Rechtsquellen das Statut, die Verfassung und die vom Parlament verabschiedeten Gesetze.

Die vom Parlament verabschiedeten Gesetze in den Niederlanden stehen in der Rangfolge über anderen Rechtsvorschriften und werden gemeinsam von der Regierung und den Generalstaaten (den vom Volk gewählten Vertretern) gemeinsam verabschiedet.

Ein Gesetz kann seine Wirksamkeit nur durch ein nachfolgendes Gesetz ganz oder teilweise verlieren. Zusätzlich gilt der allgemeine Auslegungsgrundsatz, wonach spezifische Gesetze Vorrang vor allgemeinen Gesetzen haben.

Die kontinentale Rechtstradition in Holland sieht die Gesetzgebung darüber hinaus als eine höherrangige Rechtsquelle als die Rechtsprechung an.

Das niederländische Zivilrecht ist umfassend kodifiziert. Dies gilt auch für das niederländische Wirtschaftsrecht.

Das Rechtssystem in Holland

Das niederländische Recht ist kodifiziert.

Die Verfassung bildet den Rahmen für die Organisation des niederländischen Staates und ist die Grundlage der Gesetzgebung. Verträge zwischen den Niederlanden und anderen Staaten sind eine wichtige Rechtsquelle. Artikel 93 der Verfassung sieht vor, dass die Vertragsbestimmungen und Beschlüsse völkerrechtlicher Organisationen in den Niederlanden unmittelbar anwendbar sein können. In diesem Fall haben sie Vorrang vor den niederländischen Gesetzen. Innerhalb des Königreichs der Niederlande geltende gesetzliche Bestimmungen finden somit keine Anwendung, wenn sie mit den genannten internationalen Bestimmungen unvereinbar sind. Die in Verträgen, Verordnungen und Richtlinien enthaltenen Rechtsvorschriften der Europäischen Union stellen für die Niederlande demzufolge eine wichtige Rechtsquelle dar.

Das Statut des Königreichs der Niederlande regelt die konstitutionelle Beziehung zwischen den Niederlanden, Aruba, Curaçao und Sint Marteen.

Gesetze in den Niederlanden

Das Gesetzgebungsverfahren findet auf nationaler Ebene statt. Durch gesetzliche Ermächtigung kann die Zentralregierung (weitere) Regelungen im Wege von Rechtsverordnungen und Ministerialverordnungen erlassen. Unabhängige Rechtsverordnungen, die nicht kraft Gesetzes erlassen werden, sind ebenfalls möglich. Die Verfassung verleiht den nachgeordneten Körperschaften des öffentlichen Rechts (Provinzen, Städte- und Gemeindeverwaltungen sowie Wasserwirtschaftsämtern) das Recht, Vorschriften zu erlassen

Rechtsprechung in Holland

Auch die Rechtsprechung stellt eine Rechtsquelle dar, da Gerichtsurteile eine über den zu entscheidenden Fall hinausgehende Bedeutung haben. Die Urteile höherer Gerichte dienen als Richtschnur. Die Urteile des Obersten Gerichtshofs (Hoge Raad) haben besonderes Gewicht, da die Aufgabe dieses Gerichts darin besteht, die Einheitlichkeit des Rechts zu fördern. Bei neuen Fällen berücksichtigt ein nachgeordnetes Gericht bei der Urteilsbegründung deshalb die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs.

Allgemeine Rechtsgrundsätze in den Niederlanden

Allgemeine Rechtsgrundsätze sind sowohl für die Exekutive als auch für die Rechtsprechung von Bedeutung. In einigen Fällen wird in Rechtsvorschriften auf allgemeine Rechtsgrundsätze verwiesen, wie beispielsweise im Bürgerlichen Gesetzbuch (Grundsatz der Angemessenheit und Billigkeit). Das Gericht kann sich bei der Urteilsfindung ebenfalls von allgemeinen Rechtsgrundsätzen leiten lassen.

Gewohnheitsrecht in den Niederlanden

Das Gewohnheitsrecht, auch bekannt als ungeschriebenes Gesetz, stellt eine weitere Rechtsquelle dar. Grundsätzlich ist das Gewohnheitsrecht nur dann von Bedeutung, wenn im Gesetz darauf Bezug genommen wird. Im Falle einer Normenkollision kann das Gericht allerdings das Gewohnheitsrecht heranziehen. Bei der Feststellung eines Straftatbestandes kommt das Gewohnheitsrecht jedoch als Rechtsquelle nicht in Frage (Artikel 16 der Verfassung).

Gerichtssystem in den Niederlanden

Der Rat für Rechtsprechung ist zwar Bestandteil der Jurisdiktion, spricht jedoch nicht selber Recht. Der Rat verwaltet das Gerichtssystem in den Niederlanden. Ihm wurden vom Justizministerium verschiedene Aufgaben übertragen. Diese Aufgaben sind operationeller Natur und umfassen die Zuweisung von Haushaltsmitteln, die Überwachung des Finanzgebarens, die Personalpolitik, IKT und die Gebäudepolitik. Der Rat unterstützt die Gerichte bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben in diesen Bereichen. Zu seinen Aufgaben gehören ferner die Förderung der Qualität des Gerichtswesens sowie die Beratung zu neuen Rechtsvorschriften, die sich auf die Rechtsprechung auswirken. Der Rat fungiert außerdem in der öffentlichen und politischen Diskussion als Sprecher der Gerichte.

Gerichte in den Niederlanden

Die Gerichtsbarkeit in Holland ist differenziert ausgestaltet.

Bezirksgerichte (rechtbanken) in den Niederlanden

Die Niederlande sind in 11 Gerichtsbezirke mit jeweils einem eigenen Gericht (rechtbank) aufgeteilt. Jedes Gericht verfügt über mehrere Amtsgerichte. Eine rechtbank umfasst höchstens fünf Sektoren. Dazu gehören stets die Sektoren Verwaltungsrecht, Zivilrecht, Strafrecht und Amtsgerichte. Familien- und Jugendsachen werden ebenso wie Fälle aus dem Ausländerrecht oft in einem eigenen Sektor abgehandelt. Die Entscheidung über die jeweilige Regelung liegt allein bei der Gerichtsleitung.

Amtsgerichte in Holland

Für den Durchschnittsbürger ist es relativ einfach, seine Sache vor ein Amtsgericht zu bringen. Hier kann er sich selber vor Gericht vertreten und benötigt keinen Rechtsanwalt. Im Bereich Zivilrecht befasst sich der Amtsrichter mit Fällen aus dem Miet-, Kauf- und Arbeitsrecht sowie mit allen Rechtsstreitigkeiten mit einem Streitwert von höchstens 25 000 EUR.

Im Bereich Strafrecht hat es der kantonrechter nur mit geringfügigen Delikten zu tun. Häufig handelt es sich um Fälle, in denen von der Polizei oder der Staatsanwaltschaft ein Vergleich vorgeschlagen wurde. Geht der Angeklagte auf diesen Vorschlag nicht ein, kommt der Fall vor den kantonrechter. Üblicherweise verkündet der kantonrechter sein Urteil mündlich unmittelbar nach der Verhandlung.

Zivilrecht / Familienrecht in Holland

Im Sektor Zivilrecht werden auch Fälle verhandelt, die nicht ausdrücklich dem kantonrechter zugewiesen werden. Meist wird hier die Entscheidung von einem Einzelrichter gefällt, doch gibt es auch hier für kompliziertere Fälle Kollegialkammern mit drei Richtern. Einige rechtbanken unterhalten einen eigenen Sektor für Familien- und Jugendrechtssachen, sofern solche in erheblicher Zahl anfallen.

Berufungsgerichte (gerechtshofen) in den Niederlanden

Die 11 Gerichtsbezirke sind auf vier Berufungsgerichtsbezirke verteilt: Den Haag und Amsterdam, Arnhem-Leeuwarden und ‘s-Hertogenbosch. In den Bereichen Straf- und Zivilrecht befassen sich die Richter nur mit Fällen, in denen gegen das Urteil der rechtbank Berufung eingelegt wurde. Das Berufungsgericht prüft erneut den Sachverhalt und gelangt dann zu eigenen Schlussfolgerungen. In den meisten Fällen kann die Entscheidung des Berufungsgerichts durch eine Revision beim Obersten Gerichtshof der Niederlande angefochten werden.

Neben Straf- und Zivilrechtssachen befasst sich das Berufungsgericht in seiner Eigenschaft als Verwaltungsgericht auch mit Berufungen gegen Entscheidungen in Steuersachen.

Spezielle Gerichte in Holland

Das Zentrale Berufungsgericht ist ein Rechtsmittelgericht, das hauptsächlich in Fällen aus den Bereichen des Beamten- und des Sozialversicherungsrechts tätig wird. Hier ist es die oberste Rechtsinstanz. Das Gericht hat seinen Sitz in Utrecht.

Das Berufungsgericht für Wirtschaftssachen ist ein besonderes Verwaltungsgericht, das bei Streitigkeiten im Bereich des Sozial- und Wirtschaftsverwaltungsrechts entscheidet. Darüber hinaus ist dieses Berufungsgericht auch für Berufungssachen in Zusammenhang mit bestimmten Gesetzen wie dem Wettbewerbsgesetz und dem Telekommunikationsgesetz zuständig. Das Gericht hat seinen Sitz in Den Haag.

Oberster Gerichtshof (Hoge Raad) in den Niederlanden

Der Oberste Gerichtshof der Niederlande mit Sitz in Den Haag prüft, ob die untergeordneten Gerichte bei der Vorbereitung ihrer Entscheidungen das Recht ordnungsgemäß angewandt haben. Auf dieser Ebene steht der von der unteren Instanz festgestellte Sachverhalt nicht mehr zur Diskussion.

Der Revision kommt daher eine wichtige Funktion bei der Förderung der Rechtseinheit zu.

Gerichtsverfahren in Holland

Soweit das Gesetz nichts anderes vorsieht, müssen Sie sich an das Bezirksgericht (rechtbank) am Wohnort des Beklagten wenden. Falls kein Wohnsitz des Beklagten in den Niederlanden bekannt ist, ist auch das Gericht am derzeitigen Aufenthaltsort des Beklagten zuständig.

Dazu müssen Sie feststellen, unter welcher Anschrift und in welcher niederländischen Gemeinde der Beklagte wohnt. Wenn die Anschrift bekannt ist, können Sie das Gesetz über den Gerichtsaufbau (Wet op de rechterlijke indeling) konsultieren, um herauszufinden, zu welchem Gerichtsbezirk der Wohnort gehört. So lässt sich feststellen, bei welchem Gericht Klage zu erheben ist.

Anwaltszwang in Holland

In den Niederlanden müssen sich die Parteien in zivil- und handelsrechtlichen Verfahren grundsätzlich durch einen Anwalt vertreten lassen. Dabei ist unerheblich, ob es sich um ein durch eine Vorladung oder einen Antrag eingeleitetes Verfahren, ein summarisches Verfahren, ein einstweiliges Verfügungsverfahren oder ein Säumnisverfahren handelt.

Ausgenommen sind nur Forderungen bis zu einer Höhe von 25 000 EUR oder mit unbestimmtem Wert, bei denen aber davon auszugehen ist, dass der Wert nicht mehr als 25 000 EUR beträgt. In diesen Fällen sind die erstinstanzlichen Gerichte (kantonrechter) zuständig; die Parteien können vor Gericht selbst auftreten und sind nicht verpflichtet, einen Rechtsanwalt hinzuzuziehen. Das erstinstanzliche Gericht ist auch arbeitsrechtliche Sachen, Mietverträge, Verbraucherverträge und Verbraucherkredite zuständig. Bei solchen Rechtssachen spielt die Höhe der Forderung keine Rolle. Ferner fallen auch Rechtssachen, die die Aufsicht, die Vormundschaft, die Pflegschaft sowie die Annahme oder Verweigerung des Erbes betreffen, in die Zuständigkeit des erstinstanzlichen Gerichts.

Klage in Holland

Verfahrenseinleitende Schriftstücke sind an die Geschäftsstelle des zuständigen Gerichts zu richten. Hierbei ist zwischen Vorladungs- und Antragsverfahren zu unterscheiden. Eine verfahrenseinleitende Vorladung wird zunächst dem Beklagten zugestellt und danach bei der Geschäftsstelle registriert. Beide Vorgänge sind von einem Gerichtsvollzieher vorzunehmen. Das weitere Verfahren wird anhand der Terminrolle (Liste der Rechtssachen, die in der Sitzung verhandelt werden) abgewickelt. Ein verfahrenseinleitender Antrag wird direkt bei der Geschäftsstelle eingereicht, und auch das weitere Verfahren wird über die Geschäftsstelle des zuständigen Gerichts abgewickelt.

Offizielle Sprache in Gerichtsverfahren in den Niederlanden ist Niederländisch. Das bedeutet, dass die Vorladung oder der (schriftliche) Antrag zur Verfahrenseinleitung in niederländischer Sprache vorzulegen ist. Nur in Rechtssachen, die vor einem Gericht in der Provinz Friesland verhandelt werden, dürfen die Verfahrensunterlagen ausnahmsweise in friesischer Sprache verfasst sein.

Vorladungsverfahren in Holland

Eine verfahrenseinleitende Vorladung wird zunächst dem Beklagten zugestellt und danach bei der Geschäftsstelle registriert. Die Vorladung muss folgende Angaben enthalten: den Namen des Klägers, die Forderung, den Namen des Beklagten, die Gründe für die Forderung sowie die vom Kläger beigebrachten Unterlagen zum Nachweis der Forderung. In der Vorladung sind außerdem der Verhandlungstermin und das Gericht angegeben, vor dem die Sache verhandelt wird.

Antragsverfahren in Holland

Ein verfahrenseinleitender Antrag wird direkt bei der Geschäftsstelle eingereicht, und auch das weitere Verfahren wird über die Geschäftsstelle des zuständigen Gerichts abgewickelt.

Gerichtsgebühren in den Niederlanden

Gerichtsgebühren sind bei Erhebung der Klage zu entrichten. Die Höhe der Gebühr richtet sich nach der Art der Rechtssache und dem Streitwert. In der Praxis wird der Anwalt diesen Betrag meist für Sie auslegen und Ihnen anschließend in Rechnung stellen. Wenn im Verlauf des Verfahrens ein Sachverständiger hinzugezogen werden muss (z. B. ein Wirtschaftsprüfer, ein medizinischer oder technischer Sachverständiger), wird das Gericht die Kosten am Ende der unterlegenen Partei in Rechnung stellen, sofern es nicht anders entscheidet (z. B. in Familiensachen, in denen die Kosten in der Regel von der Partei zu tragen sind, die das Verfahren angestrengt hat). Das gilt auch für die durch Zeugenladung und andere Formen der Beweisaufnahme entstehenden Kosten.

Anwaltsgebühren in den Niederlanden

Anwälte verlangen ein Honorar für ihre Tätigkeit, das nach Stundensätzen berechnet wird. Möglicherweise besteht aber auch Anspruch auf Prozesskostenhilfe (siehe auch Frage 11). In den Niederlanden können Anwälte die Höhe ihrer Vergütung im Prinzip selbst festlegen. Sie sollten sich bei dem Anwalt, der Sie vertritt, oder bei der niederländischen Anwaltskammer (Nederlandse Orde van Advocaten) rechtzeitig danach erkundigen. Die meisten Anwälte verlangen einen Vorschuss; sie machen im weiteren Verlauf des Verfahrens ihre Leistung geltend und nehmen am Ende eine Schlussabrechnung vor.

Schiedsgerichtsbarkeit nach niederländischem Recht

Die Niederlande sind Mitglied der New Yorker Konvention. Dementsprechend können Schiedsurteile in den Niederlanden vollstreckt werden.

Das niederländische Schiedsrecht ist Teil der niederländischen Zivilprozessordnung.

UN-Kaufrecht in den Niederlanden

UN-Kaufrecht gilt in Holland, so dass es explizit ausgeschlossen werden müsste, wenn es nicht zur Anwandung in den Niederlanden kommen soll.

Internetlinks für die Niederlande

AnwaltsKanzleien in den Niederlanden

In den Niederlanden arbeiten wir mit einem Bündel an unterschiedlichen Kanzleien unterschiedlicher Grösse zusammen, von denen wir nachfolgend eine Auswahl nennen:

Duvekot Advocaten
N.Z. Voorburgwal 292,
1012 RT Amsterdam,
The Netherlands
tel +31 (0) 20 520 95 95
fax +31 (0) 20 626 92 87
email: info@duvekot.nl
www.duvekot.nl
 
van Diepen Advocaten
Dijsselhofplantsoen 14-18
NL-1077 BL Amsterdam
t +31 (0)20 5 74 74 74
f +31 (0)20 5 74 74 75
e-mail: amsterdam@vandiepen.com
www.vandiepen.com

 

Weitere Informationen zum niederländischen Wirtschaftsrecht:

Geistiges Eigentum (NL)