Welches Recht gilt im internationalen Rechtsverkehr?

Ein Kauf– oder Warenlieferungsvertrag (im Folgenden kurz „Kaufvertrag” genannt) ist grenzüberschreitend, wenn z. B. Käufer und Verkäufer ihren Wohn- bzw. Geschäftssitz in verschiedenen Staaten haben oder die Ware in ein anderes Land geliefert wird.

Verkauft zum Beispiel ein deutscher Verkäufer an einen französischen Konzern Maschinen und liefert diese direkt in die polnische Niederlassung des französischen Käufers, dann muss der deutsche Verkäufer zunächst wissen, bei welchem Gericht er z. B. eine Zahlungsklage einreichen muss (deutsches, französisches oder polnisches Gericht).

Selbst, wenn der Gerichtsstand feststeht, steht noch nicht fest, nach welchem Recht sich sein Anspruch richtet (deutsches, französisches, polnisches oder UN-Kaufrecht).

Im Einzelfall kann ein ausländisches Recht von Vorteil sein, dazu muss man dieses jedoch genau kennen. Ohne diese sichere Rechtskenntnis ein ausländisches Recht zu wählen, ist riskant und meist mit sehr hohen Kosten für die Rechtsberatung und den Prozess verbunden. Einerseits muss man einen deutschen Spezialisten für genau dieses ausländische Recht finden oder einen ausländischen Rechtsanwalt bemühen. Beides ist in der Regel viel teurer als eine Rechtsberatung vor Ort im deutschen Recht. Andererseits findet der Prozess dann in einer anderen Sprache statt, was bedeutet, dass zusätzlich Übersetzer- und Dolmetscherkosten anfallen; nicht zu vergessen sind die anfallenden Reisekosten.

Welches Recht bei fehlender Vereinbarung auf einen Vertrag anwendbar ist, entscheidet das zuständige Gericht. Es muss also zuerst festgestellt werden, welches Gericht zuständig ist; das gilt auch im internationalen Recht.

Zuständigkeit der deutschen Gerichte nach EU-Recht

Das zuständige Gericht bestimmt sich nach:

  • der Vereinbarung im Vertrag oder
  • nach dem internationalen Zivilverfahrensrecht

Innerhalb der EU gilt das Europäische Zivilverfahrensrecht (EuGVO). Nach der EuGVO kann jeder Vertragspartner an dem Ort verklagt werden, an dem

  • er seine Hauptverwaltung bzw. –niederlassung hat (Sitz),
  • an den die Ware geliefert wurde oder hätte geliefert werden müssen (Erfüllungsort).

Der deutsche Verkäufer kann nur im Ausland klagen (Sitz und Erfüllungsort), soweit nicht Lieferung nach Deutschland erfolgte. Sein Geschäftspartner kann ihn aber auch im Ausland verklagen, wenn dort hingeliefert wurde. Der deutsche Verkäufer hat damit keine Möglichkeit seinen Prozess in Deutschland zu führen.

Der deutsche Käufer kann in Deutschland klagen (Erfüllungsort), wenn Lieferung nach Deutschland erfolgte. Er kann auch nur in Deutschland verklagt werden. Warum diese Gerichtsstandsregelung dennoch für den deutschen Käufer von Nachteil ist, erfahren Sie im Abschnitt zum Internationalen Privatrecht (unten).

Erfolgte die Lieferung direkt in ein drittes Land, dann kann jeder der Vertragspartner den anderen auch vor diesem Gericht verklagen (abweichender Erfüllungsort).

Rechtsbeziehungen außerhalb der EU

Die Beziehungen zwischen Deutschland und den Nicht-EU-Staaten sind von zahlreichen bilateralen und multilateralen Abkommen geprägt. Sowohl die Abkommen als auch die völlig andere Rechtspraxis führen zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen.

In vielen Fällen hilft die Vereinbarung

  • der Geltung deutschen Rechts
  • der Geltung/ Ausschluß von UN-Kaufrecht
  • einer Schiedsklausel (inklusive Vollstreckungsklausel)

Die Vereinbarung eines deutschen Gerichtsstandes nützt nur dem deutschen Verkäufer. Dem deutschen Käufer nützt diese Regelung allein nichts.

Welches Recht ist anwendbar?

UN-Kaufrecht

Haben beide Vertragspartner ihre Niederlassungen in Staaten, welche dem Übereinkommen zum UN-Kaufrecht angehören, dann gilt für den Vertrag das UN-Kaufrecht. Bei mehreren Niederlassungen ist diejenige maßgebend, die zu dem Vertrag und seiner Erfüllung die engste Beziehung hat.

UN-Kaufrecht gilt für den Verkauf/Kauf von Waren gegen Geld.

UN-Kaufrecht gilt nicht für:

  • Versteigerungen
  • Kaufverträge über Immobilien, Schiffe, Wertpapiere, elektrische Energie
  • Dienstleistungsverträge
  • Warenlieferungsverträge, deren Schwerpunkt in einer Dienstleistung liegt

Die Anwendung von UN-Kaufrecht kann vertraglich ausgeschlossen werden.

UN-Kaufrecht findet Anwendung, wenn Ihr Vertragspartner seine Niederlassung in einem Vertragsstaat des UN-Kaufrechts hat. Die aktuellen Vertragsstaaten des UN-Kaufrechts finden Sie rechts unter “Externe Links”. Auch zahlreiche Nicht-EU-Staaten sind dem Abkommen beigetreten.

UN-Kaufrecht regelt aber nur den Kern des Kaufvertrages, wie z. B. das Zustandekommen des Vertrages, die Pflichten von Käufer und Verkäufer, Gewährleistung usw.

Bestimmte allgemeine Fragen des Vertrages werden nicht vom UN-Kaufrecht geregelt, sondern richten sich nach dem anwendbaren inländischen Recht, z. B. Stellvertretung, Anfechtung, Eigentumsübertragung (Eigentumsvorbehalt), Wirksamkeit von Allgemeinen Geschäftsbedingungen usw.

Internationales Privatrecht (IPR)

Internationales Privatrecht ist ein nationales Recht, das jeder Staat selbst regelt. Die Internationalen Privatrechte der verschiedenen Länder weichen also sehr voneinander ab. Das IPR regelt, welches Recht auf einen Vertrag Anwendung findet.

Nach deutschem IPR gilt:

  • das Recht des Verkäufers findet Anwendung
  • entscheidend ist dabei, wo der Verkäufer seine Hauptniederlassung hat
  • bei Verkauf durch eine andere Niederlassung, gilt das Recht, das am Ort dieser Niederlassung gilt
  • sitzt der Verkäufer in einem Mitgliedstaat des UN-Kaufrechtsabkommens, dann ist auf den Kern des Kaufvertrages UN-Kaufrecht anwendbar und ergänzend das nationale Recht des Verkäufers

Die Regelung des deutschen IPR ist nachteilig für deutsche Käufer, denn sie führt für ihn zur Anwendung des Rechts des ausländischen Verkäufers.

Checkliste für deutsche Verkäufer

  • soweit möglich Lieferung nach Deutschland (z. B. deutsche Niederlassung, Geschäftspartner) vereinbaren (Erfüllungsort)
  • die Vereinbarung eines (zusätzlichen) deutschen Gerichtsstandes
  • die Vereinbarung, dass deutsches Recht gilt

Der Ausschluss von UN-Kaufrecht führt beim deutschen Verkäufer zum deutschen Kaufrecht – ist in diesem Fall also vorteilhaft.

Hat der deutsche Verkäufer die Möglichkeit in Deutschland zu klagen (Vereinbarung, Erfüllungsort), muss er schneller sein als sein Geschäftspartner. War der Vertragspartner schneller und hat früher vor einem ausländischen Gericht Klage eingereicht, dann ist die Klage vor dem deutschen Gericht meist unzulässig.

Checkliste für deutsche Käufer

  • soweit möglich Lieferung nach Deutschland (z.B. deutsche Niederlassung, Geschäftspartner) vereinbaren (Erfüllungsort)
  • die Geltung deutschen Rechts vereinbaren

Wenn der Geschäftspartner nicht in einem Mitgliedsstaat des UN-Kaufrechtsabkommens sitzt und nicht mit der Geltung deutschen Rechts einverstanden ist, kann es von Vorteil sein, UN-Kaufrecht zu vereinbaren, um gravierende Rechtsunsicherheiten zu vermeiden.

Weitere Vorsorge im internationalen Rechtsverkehr

Sofern Verträge von ausländischen Vertragspartnern diktiert werden, hilft im Zweifel nur die Versicherung gegen bestimmte Haftungsrisiken.

Wird man dennoch im Ausland verklagt, ist es ratsam frühzeitig einen unserer Spezialisten in dem ausländischen Recht zu Rate zu ziehen. Unser deutsche Spezialist hat immer Partneranwälte im Ausland und hilft vor allem bei der Frage der Vollstreckung, denn nicht alle Urteile können in jedem Land vollstreckt werden.

Welche Themen können wir für Sie bearbeiten:

  • internationale Verträge
  • grenzüberschreitende Transaktionen
  • Einbezug nationaler Vertreter, die eine nationale Jurisdiktion gut kennen
  • grenzüberschreitender Forderungseinzug und internationale Gerichtsverfahren

Die weltweit stetig zunehmende Internationalität der Waren und Dienstleistungen führt zu immer mehr grenzüberschreitenden Aktivitäten und Kontakten.

Internationales Recht und Internationale Zuständigkeit/ Internationale Rechtsanwendung

Im Fall eines Rechtsstreits vor einem deutschen Gericht ist bei diesen Sachverhalten mit Berührungen zu mehreren Rechtsordnungen vorab zu klären, welches Recht von welchem zuständigen Gericht auf den Rechtsstreit anzuwenden ist. Diese Frage der Internationalen Zuständigkeit und der Internationalen Rechtsanwendung beantwortet das Internationale Privatrecht. Es regelt nicht unmittelbar den Sachverhalt, sondern bestimmt lediglich, welche der berührten Rechtsordnungen den Sachverhalt regeln soll. Zugleich legt es die Grenzen der Anwendbarkeit ausländischen Rechts fest. Fremdes Recht ist hiernach insbesondere dann nicht anwendbar, wenn es gegen fundamentale deutsche Rechtsgrundsätze, wie beispielsweise die Grundrechte, verstößt.

Internationales Privatrecht, Handels- und Gesellschaftsrecht

Über Fragen des Internationalen Privatrechts hinaus befasst sich das Internationale Recht insbesondere mit verschiedenen Rechtsinstrumenten der Europäischen Union zur internationalen Zuständigkeit der Gerichte sowie zur Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen. Die Handelsbeziehungen deutscher Unternehmen sind heute nicht ernsthaft begrenzt und können “weltweit” aufrecht erhalten werden. Gesellschaftsrechtliche Beteiligungen, Joint Ventures und andere Fragen des internationelen Handels- und Gesellschaftsrechts erleichtern die praktische Umsetzung wirtschaftlichen Handelns.

Das internationale Privatrecht wird materiell aus dem gesamten Privatrecht (Vertragsrecht, Handelsrecht, Gesellschaftsrecht, Erbrecht, Namensrecht, Personenrecht etc) gebildet.

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