Die internationale Schiedsgerichtsbarkeit ist ein etabliertes Verfahren zur Beilegung von Streitigkeiten außerhalb staatlicher Gerichte. Sie basiert auf der Zustimmung der Parteien und bietet eine flexible, vertrauliche und durchsetzbare Alternative zur staatlichen Justiz, insbesondere bei grenzüberschreitenden Handels- und Investitionsstreitigkeiten.

1. Grundlagen der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit

a) Wesen der Schiedsgerichtsbarkeit

  • Private Streitbeilegung durch ein Schiedsgericht anstelle staatlicher Gerichte.
  • Parteien vereinbaren durch eine Schiedsklausel oder eine Schiedsvereinbarung, Streitigkeiten durch Schiedsgerichte zu entscheiden.
  • Entscheidend ist die Autonomie der Parteien, die das Verfahren, das anwendbare Recht und die Schiedsrichter bestimmen können.

b) Vorteile der Schiedsgerichtsbarkeit

  • Internationale Durchsetzbarkeit: Das New Yorker Übereinkommen von 1958 erleichtert die Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen in über 170 Ländern.
  • Fachkundige Entscheidungsträger: Parteien können Schiedsrichter mit spezifischer Expertise wählen.
  • Vertraulichkeit: Im Gegensatz zu staatlichen Gerichtsverfahren bleiben Verfahren und Entscheidungen oft vertraulich.
  • Effizienz und Flexibilität: Schnellere und individuell anpassbare Verfahren im Vergleich zu staatlichen Gerichtsprozessen.

2. Wichtige Schiedsinstitutionen und Schiedsgerichte

Es gibt zahlreiche Schiedsinstitutionen mit eigenen Regeln und Verfahren, darunter:

a) Handels- und Wirtschaftsschiedsgerichtsbarkeit

  • International Chamber of Commerce (ICC) – Paris
    → Eine der bedeutendsten Schiedsinstitutionen mit umfassenden Regeln für internationale Handelsstreitigkeiten.
  • London Court of International Arbitration (LCIA) – London
    → Modernes Regelwerk, hohe Effizienz.
  • Deutsche Institution für Schiedsgerichtsbarkeit (DIS) – Deutschland
    → Zuständig für nationale und internationale Verfahren.
  • Singapore International Arbitration Centre (SIAC) – Singapur
    → Beliebt in Asien für Investitions- und Handelsschiedsverfahren.
  • Hong Kong International Arbitration Centre (HKIAC) – Hongkong
    → Besonders relevant für China-bezogene Streitigkeiten.
  • Stockholm Chamber of Commerce (SCC) – Stockholm
    → Besonders für Ost-West-Handelsstreitigkeiten und Investitionsschiedsverfahren.

b) Investitionsschiedsgerichtsbarkeit

  • International Centre for Settlement of Investment Disputes (ICSID) – Washington, D.C.
    → Spezialisiert auf Streitigkeiten zwischen Staaten und ausländischen Investoren gemäß bilateralen Investitionsschutzabkommen (BITs).
  • United Nations Commission on International Trade Law (UNCITRAL)
    → Flexibles Regelwerk für ad hoc-Schiedsverfahren.
  • Permanent Court of Arbitration (PCA) – Den Haag
    → Vermittelt staatliche und nicht-staatliche Streitigkeiten.

3. Verfahren vor internationalen Schiedsgerichten

a) Einleitung des Verfahrens

  1. Einreichung der Schiedsklage durch die klagende Partei.
  2. Bestimmung des Schiedsgerichts (Ernennung der Schiedsrichter durch Parteien oder Institution).
  3. Festlegung des Verfahrensablaufs (anwendbares Recht, Sitz des Schiedsgerichts, Verfahrenssprache).

b) Hauptverfahren

  • Schriftliche Schriftsätze (Klage, Klageerwiderung, Replik/Duplik).
  • Beweiserhebung: Dokumentenvorlage, Zeugenvernehmung, Sachverständige.
  • Mündliche Verhandlungen, je nach Regeln der Institution (z. B. ICC, ICSID) oft mit Live-Anhörungen.

c) Schiedsspruch (Award)

  • Schiedsgericht trifft eine endgültige, verbindliche Entscheidung.
  • Keine Berufungsmöglichkeit, nur Aufhebungsverfahren in begrenzten Fällen (z. B. Verstoß gegen grundlegende Verfahrensgrundsätze).

d) Vollstreckung des Schiedsspruchs

  • New Yorker Übereinkommen 1958 regelt die weltweite Anerkennung und Vollstreckung.
  • Staatliche Gerichte können Schiedssprüche nur in wenigen Fällen verweigern (z. B. fehlende Schiedsvereinbarung, Verstoß gegen den ordre public).

4. Beispiele für bedeutende Schiedssprüche

  • Yukos vs. Russland (PCA, 2014)
    Russland wurde zur Zahlung von 50 Milliarden USD an ehemalige Yukos-Aktionäre verurteilt – eines der größten Schiedsurteile der Geschichte.
  • Philip Morris vs. Uruguay (ICSID, 2016)
    Philip Morris klagte gegen Anti-Tabak-Gesetze, verlor aber das Verfahren.
  • Airbus vs. Kuwait Airways (ICC, 2021)
    Handelsstreit wegen Vertragsverletzung mit hoher Schadensersatzsumme.

5. Rolle von Anwälten in der Schiedsgerichtsbarkeit

a) Als Parteivertreter

  • Verhandlung und Gestaltung von Schiedsklauseln in Verträgen.
  • Prozessvertretung: Schriftwechsel, Beweisanträge, mündliche Verhandlungen.
  • Vollstreckung von Schiedssprüchen oder deren Anfechtung.

b) Als Schiedsrichter

  • Ernennung durch Parteien oder Institutionen (besonders für erfahrene Wirtschaftsanwälte relevant).
  • Führung des Verfahrens: Fristen setzen, Anhörungen leiten, Entscheidungen treffen.
  • Verfassen des Schiedsspruchs, ggf. mit Begründung.

6. Vergleich zwischen Schiedssprüchen und staatlichen Urteilen

Kriterium Schiedsspruch Staatliches Urteil
Zuständigkeit Vereinbarung der Parteien Nationale Gerichtsbarkeit
Dauer Oft schneller Länger durch Instanzenzug
Vertraulichkeit Ja Meist öffentlich
Kosten Hoch (Schiedsrichter, Institution, Anwälte) Staatliche Gerichtskosten niedriger
Durchsetzbarkeit Weltweit (New Yorker Übereinkommen) Abhängig von nationalen Regeln

Iinternationale Schiedsgerichtsbarkeit

Die internationale Schiedsgerichtsbarkeit ist ein entscheidendes Instrument für grenzüberschreitende Streitigkeiten. Anwälte spielen dabei eine zentrale Rolle sowohl als Vertreter von Mandanten als auch als Schiedsrichter. Trotz hoher Kosten bietet sie Vorteile wie Fachkompetenz, Flexibilität und internationale Vollstreckbarkeit.

Brauchen Sie eine spezifische Vertiefung, z. B. zur Gestaltung von Schiedsklauseln oder zur Anfechtung von Schiedssprüchen?

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